Für den Erhalt des Unteren Saaletals bei Halle
- Bekräftigung der Petition von 1999 — 4
Klimaschutz braucht eine Verkehrswende: Ja zur Verkehrsentlastung Halles, Nein zur geplanten Autobahn 143, zu Nordtangente und nördlichem Saaleübergang!
Unsere Landschaft mit ihrer Naturausstattung und das Klima sind Allgemeingut, das höher steht als der Neubau von Autobahn- und Straßenkilometern. In diesem Sinne fordern wir, das Untere Saaletal mit all seinen wertvollen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und vor Beeinträchtigung durch Straßenbau zu schützen.
Wie sich oft gezeigt hat, zieht ein Straßenneubau — auch Ringautobahnen um Städte — zusätzlichen Verkehr nach sich1. Weder die Autobahn 143 nordwestlich von Halle, noch eine Nordtangente mit Saaleübergang würden die Stauprobleme im Stadtgebiet von Halle lösen. Jüngere Verkehrszählungen im Auftrag der Stadt zeigen, dass es sich bei mehr als 95 % um städtischen, und nicht um Durchgangsverkehr handelt2. Die Stadt Halle braucht ein modernes Mobilitätskonzept, das das veraltete Paradigma der autogerechten Stadt aus den 1970er Jahren hinter sich lässt. Städte wie Paris, Kopenhagen und München haben diesen Weg längst beschritten.
Kaum eine geplante Autobahn in Deutschland ist so umstritten wie die A 143. Sie würde mehrere Natur- und Landschaftsschutzgebiete schwer schädigen oder zerstören, denn wegen der hohen Dichte an wertvollen und unter Schutz stehenden Flächen im betreffenden Bereich des Unteren Saaletals gibt es keine schonende Streckenführung für die A 143. „Nirgendwo sonst in Deutschland“ findet sich ein „derart reich ausgestatteter Lebensraum kontinentaler Prägung, jegliche Eingriffe sind nicht ausgleichbar“, heißt es in der Umweltverträglichkeitsstudie zum Raumordnungsverfahren. Nicht minder wertvoll sind die Gebiete, die durch einen nördlichen Saaleübergang und die sich anschließende Verbindung zur A 143 beeinträchtigt und unwiederbringlich zerstört werden. Weite Teile der betroffenen Porphyrkuppenlandschaft stehen gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) unter besonderem Schutz der Europäischen Union.
Die Gründe, die den Bau der Autobahn über ein Vierteljahrhundert verhindert haben, sind dieselben geblieben; die Notwendigkeit, dem Artensterben Einhalt zu gebieten und das Klima zu schützen, ist jedoch inzwischen viel dringlicher geworden. Auch in Mitteldeutschland lassen die extrem heißen und trockenen Sommer der Jahre 2018 und 2019 ahnen, was bei ungebremster Erderwärmung droht.
Um den Klimawandel auf ein nicht-katastrophales Maß zu begrenzen, müssen die CO2-Emissionen in Deutschland laut Klimaschutzplan der Bundesregierung bis zur Jahrhundertmitte um 80 bis 95 % sinken. Der Verkehrssektor ist für 18 % der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich, „Kernelement eines treibhausgasneutralen Verkehrs ist dabei eine konsequente Energiewende im Verkehr“3. Dazu gehören fußgänger- und fahrradfreundliche Städte der kurzen Wege, ein weitgehender Umstieg auf Elektroautos sowie Mobilität über elektrifizierten Schienenverkehr.
Durch eine Verringerung des Autoverkehrs kann Lebensqualität für viele Menschen zurückgewonnen werden: Kinder könnten wieder allein zur Schule laufen und auf autofreien Straßen spielen. Straßen und Plätze könnten wieder zu lebendigen Orten der Begegnung werden, Grünanlagen mit Sitzgelegenheiten die dann überflüssigen Parkplätze ersetzen.
Halle hat eine geeignete Größe und gute Voraussetzungen für Mobilität mit deutlich weniger Autoverkehr. Notwendig und machbar sind ein preiswerter und zuverlässiger öffentlicher Nahverkehr nach Wiener Vorbild, ein großzügiges und dichtes Fahrradwegenetz wie in Kopenhagen und autofreie Straßen wie jüngst in Paris.
Mit mutigen Schritten kann der Autoverkehr drastisch reduziert und somit die Lebensqualität für alle Hallenserinnen und Hallenser deutlich verbessert werden. Dafür ist ein modernes Verkehrskonzept notwendig, kein Straßenneubau.
Noch gehört das Saaletal zwischen Kröllwitz und Wettin zu den schönsten Landschaften Mitteldeutschlands. Das Untere Saaletal ist einer der immer weniger werdenden Naturräume, die nicht durch eine große Straße zerschnitten sind. Dort hat sich eine gewisse Harmonie von Mensch und Natur erhalten. Ebenso wie die benachbarte, von der vorgesehenen Nordtangente betroffene Landschaft zieht das Untere Saaletal täglich eine große Zahl erholungssuchender Hallenser an. Tun wir alles dafür, dass diese wertvollen Naturräume im Norden Halles erhalten bleiben!
Das Bundesverwaltungsgericht ist einer Klage des Naturschutzbundes Deutschlands nachgekommen und hat den Bau der Autobahntrasse im Jahr 2007 untersagt. Im zweiten Gerichtsverfahren gegen die nur geringfügig veränderten Baupläne hat dasselbe Gericht am 12. Juni 2019 jedoch für den Bau der A 143 entschieden.
Wir möchten die Petition “Künstler und Wissenschaftler für den Erhalt des Unteren Saaletals” von 1999 fortsetzen und damit deutlich zeigen, dass der Autobahnneubau weder als zwingend notwendig noch als allgemein gewollt gelten kann.
Wenn Sie diese Petition unterzeichnen möchten, würden wir das sehr begrüßen. Die Liste der Unterzeichner wird im Internet veröffentlicht.
Dr. Conrad Kunze (Sprecher und Gründungsmitglied der BI Saaletal) und
Dr. Maud von Lampe (Botanikerin aus Halle)
Unterstützen Sie hier den Erhalt der wertvollen Naturlandschaften im Norden Halles mit Ihrer Unterschrift!
1 Department of Transportation, California, State Smart Transportation Initiative (SSTI), The California Department of Transportation: SSTI Assessment and Recommendations, January 2014. http://www.dot.ca.gov/CIP/docs/SSTIReport.pdf
2 „Entwicklungsfragen des Hauptstraßennetzes Halle“, Vortrag der IVAS (Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen und ‑systeme) zur Bürgerversammlung am 25.6.2015, Folie 5; Dezernat II, Stadtplanungsamt der Stadt Halle, Ressort Verkehrsplanung, Bearbeiter Hr. Roesler, Zeichnerin Frau Niendorf, Ergebnisse der KFZ-Kennzeichenverfolgung am 6. Mai 2009, publiziert im Oktober 2009.
3 Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes: Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050, Entwurf vom 24.3.2016, S.4.
4 Wir haben uns anlässlich des vierten weltweiten Klimastreiks am 29. November 2019 entschieden die Petition für alle Menschen zu öffnen. Bis dahin hieß die Überschrift wie 1999, “Wissenschaftler und Künstler für den Erhalt des Unteren Saaletals”.
Die vorliegende Petition wurde auf Grundlage der Petition von 1999 verfasst. Für Korrekturen und Ideen zum Text danken wir Frank Tillmann, Sebastian Voigt, Dr. Götz Meister, Nicole Hermes und Michael Achtzehn.
Die Petition “Wissenschaftler und Künstler für den Erhalt des Unteren Saaletals” von 1999 ist im Calendula — Sonderheft 4, 2000: „Landschaften von europäischer Bedeutung im Unteren Saaletal, Gefährdete Naturräume zwischen Halle und Wettin“ erschienen und im Internet unter https://www.nabu-halle.de > Naturschutzpolitik > Autobahn A143 > Hintergründe zugänglich. Dort finden sich detaillierte Erläuterungen zu Planung, Trassenverlauf und naturschutzfachlicher Bedenklichkeit der A 143. Eine Übersichtskarte zur geplanten Nordtangente und Verbindung zur A 143 kann unter http://bit.ly/nordtangente-karte eingesehen werden, zum nördlichen Saaleübergang unter https://www.mz-web.de/halle-saale/dritter-saale-uebergang-gesucht-wird-eine-bruecke-zur-entlastung-25599488 und zum aktuellen Verlauf der Trasse der A143 unter https://bi-saaletal.de/wp-content/uploads/2019/03/A143_Nord_mit_Schutzgebieten.jpg.