Liebe Naturfreund*innen und Klimaschützer*innen,
liebe Unterstützer*innen, Spender*innen, Unterzeichner*innen der Petition,
wir freuen uns, mit diesem Rundbrief eine gute Nachricht im Kampf gegen den Bau der Autobahn A 143 verkünden zu können: Der langwierige Schritt, zwei Beschwerden bei der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland in Sachen Umweltschutz einzureichen, ist am 4. November 2022 erfolgt!
Die beiden Beschwerden sind das Ergebnis einer aufwendigen juristischen Aufarbeitung durch Rechtsanwalt Peter Kremer im Auftrag der Bürgerinitiative Saaletal. Um diesen Beschwerden mehr Gewicht zu verleihen, haben wir nach einem starken Partner gesucht und mit dem NABU Deutschland einen großen Umweltverband gefunden, der diese Beschwerden mitträgt. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, den die BI Saaletal nur mit Hilfe Ihrer und Eurer finanziellen Unterstützung leisten konnte. Dafür möchten wir an dieser Stelle noch einmal Danke sagen!
Inhalt und Anlass der Beschwerden ist vor allem die rechtliche Praxis in Prozessen gegen umweltschädliche Projekte und die fehlende Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs zur Klärung strittiger europarechtlicher Fragen im Naturschutzrecht durch das Bundesverwaltungsgericht, wie beim Urteil zum Bau der A143 im Juni 2019. Näheres dazu können Sie und Ihr der zweiten Seite dieses Schreibens entnehmen. Sollten die beiden Beschwerden Erfolg haben, würden damit entsprechende Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes infrage gestellt. Über den Zeitrahmen und konkrete Auswirkungen dieses Prozesses können derzeit leider keine verlässlichen Angaben gemacht werden.
Um keine Chance ungenutzt zu lassen, bereitet die BI Saaletal daher gegenwärtig einen weiteren juristischen Weg zum Stopp des Autobahnbaus vor: In einem neuen Verfahren soll das nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geltende Verschlechterungsverbot für europäisch geschützte Lebensräume im Wirkungsbereich der Autobahntrasse der A143 durchgesetzt werden. Dieser weitere juristische Weg soll über das Bundesverwaltungsgericht und potentiell über das Bundesverfassungsgericht letztlich ebenfalls zur Anrufung des Europäischen Gerichtshofs und Neubeurteilung des Bauvorhabens A143 führen.
Für dieses zusätzliche juristische Verfahren gegen den Weiterbau der A143 fehlen derzeit 10.000 Euro, dafür brauchen wir noch einmal Unterstützung. Wir bitten Sie und Euch daher um Spenden für den Erhalt des Unteren Saaletals!
Kontoverbindung für Ihre Spende:
Bürgerinitiative Saaletal e.V. IBAN: DE72 8009 3784 0001 0060 61 (Volksbank Halle) Verwendungszweck: A 143; sowie bei Bedarf (für Spendenquittung): Vor- und Nachname, Adresse
Auch eine Überweisung per PayPal ist möglich.
Ihre BI Saaletal
Näheres zum Inhalt der beiden EU-Beschwerden
Die umstrittene Praxis des Bundesverwaltungsgerichtes in Urteilen zum Umweltschutz und die mangelhafte deutsche Rechtslage zur Anrufung des Europäischen Gerichtshofes wurden durch den Rechtsanwalt der BI Saaletal, Peter Kremer, systematisch aufgearbeitet. Am 4. November 2022 wurden dazu gemeinsam mit dem NABU Deutschland zwei Beschwerden bei der Europäischen Kommission eingereicht.
Die erste Beschwerde richtet sich gegen die aktuelle Rechtslage und Praxis in Deutschland, die Kläger und Beklagte in Prozessen gegen umweltschädliche Projekte ungleich behandelt und damit gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union, Artikel 47, verstößt. Denn im deutschen Umweltrecht ist nur für die Naturschutzverbände, welche Klage gegen zerstörerische Großprojekte führen, eine 10-Wochen-Frist der Klagebegründung festgelegt, die jedoch nicht für die Beklagten gilt. Dadurch werden die Umweltschutzverbände vor Gericht systematisch benachteiligt. Dafür wird eine beachtliche Anzahl an Urteilen und Belegen dokumentiert.
Die zweite Beschwerde bezieht sich auf die europäisch geregelte Vorlagepflicht von europarechtlich relevanten Rechtsfragen beim Europäischen Gerichtshof. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass Gerichtsverfahren im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, die europäische Regelungen tangieren — wie z.B. das Verfahren zum Bau der A 143 durch das Untere Saaletal, der gegen europäisches Naturschutzrecht verstößt — nicht allein in Deutschland entschieden werden dürften. Folglich hätte nach unserer Auffassung diese Klage — und viele andere — dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müssen. Statt dieses Vorgehen klar zu regeln, hat Deutschland das Bundesverfassungsgericht als Instanz dafür eingesetzt und verbaut damit de facto eine übergeordnete, europäische Einschätzung in Streitfragen zum Umweltschutz.
Die Beschwerden adressieren außerdem Rechtsprobleme, die sich in der Verhandlung der Baugenehmigung der Autobahn 143 in den Jahren 2018 und 2019 gezeigt haben. Konkret wurde bei diesem Teilstück der Autobahn, das durch Naturschutzgebiete und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete (also nach europäischem Recht geschützte Gebiete) im Unteren Saaletal führt, FFH-Umweltrecht ignoriert.
Wenn die Beschwerde erfolgreich ist, sollte dies hunderte weitere FFH-Gebiete in Deutschland besser schützen und den Weiterbau der A143 infrage stellen.
NABU und BI Saaletal hoffen, dass so die Zerstörung der Naturschutzgebiete im Unteren Saaletal noch gestoppt werden kann.