Via Marianne/Hallesche Störung — Am ersten Mai hatte die Bürgerinitiative Saaletal, die für den Schutz und Erhalt der eigentümlichen Landschaften an der Saale nördlich von Halle kämpft, zu einer Wanderung zu den Standorten des Kleinen Knabenkrautes eingeladen, einer einheimischen Orchideenart.
Knapp zwanzig TeilnehmerInnen waren der Einladung der Bürgerinitiative Saaletal gefolgt und hatten sich im zerrigen Nordostwind an der Fähre Brachwitz eingefunden. Von dort aus ging der Marsch durch den Ort hinauf in die Porphyrkuppenlandschaft bei Brachwitz. Diese Porphyrkuppen sind die Überreste einstiger vulkanischer Tätigkeit im Gebiet. Aufgrund ihrer der flachgründigen Böden und der langjährigen Beweidung haben sich dort besondere Pflanzen angesiedelt, die Mager- oder Trockenrasengemeinschaften bilden. Zu ihnen gehört das kleine Knabenkraut, das bis ins 18. Jahrhundert sehr verbreitet in der Region war, aber durch die Zunahme des Nährstoffangebotes in Folge landwirtschaftlicher Düngung immer stärker in nährstoffarme Gebiete wie die Porphyrkuppen zurückgedrängt wurde.
Bedrohte Orchideen
Heute findet man es nur noch dort und längst ist es vom Verschwinden bedroht. Zum einen durch das Zuwachsen der Porphyrkuppen, was eine Anreicherung von humusreicher Erde zur Folge hätte. Dort könnte die auf magere Böden spezialisierte Orchideenart nicht überleben. Deshalb hat der NABU Halle-Saalkreis ein Schaf-Beweidungsprojekt ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe das Überwachsen verhindert werden kann. Zum anderen droht dem Gebiet, d.h. der gesamten Porphyrkuppenlandschaft (Gimritz und Brachwitz), ein massiver Eingriff durch die geplante Fertigstellung des letzten Teilstücks der A 143, die das Saaletal zwischen Gimritz und Friedrichschwertz, einem Nachbarort von Brachwitz, queren soll. Die Autoabgase mit ihrem hohen Anteil an Stickoxiden würden für einen weiteren Anstieg des ohnedies schon hohen Nährstoffangebotes führen, auch auf den Porphyrkuppen.
Besondere Böden – besondere Pflanzen – einmalige Landschaft
Der überaus kundige Führer, der Biologe Dr. Uwe Köck, erläuterte eingehend die besonderen Bodenbedingungen und Pflanzengemeinschaften vor Ort. Eine Kuppe gleich über Brachwitz war von Schwarzkiefern bestanden und es fanden sich keine Trocken- oder Magerrasen mehr. Auf dem Lucienberg nebenan hingegen, der weitgehend frei von höherem Bewuchs ist, fanden sich viele Orchideen und andere für Trocken- und Magerrasen typische Pflanzen wie Erdseggen, intensiv duftender Miniaturthymian, Wolfsmilcharten und kleine Sukkulenten, deren Überlebensstrategie im Wasserspeichern besteht. Denn im Sommer können hier die Bodentemperaturen auf über 50 Grad Celsius ansteigen, was zum Verdorren der meisten Pflanzen führt. Die nahegelegene Doppelkuppe wies trotz der sehr ähnlichen Bedingungen keine Orchideenpopulation auf, dafür aber ein reiches Angebot an Kuhschellen.
Deutlich wurde, wie sehr sich Pflanzenarten an bestimmte Bodenarten angepasst haben und sie, seien sie auch sehr arm, besiedeln können. Und wie bedroht dabei solche Standorte durch die massiven Eingriffe des Menschen sind.
Fotos: Marianne Heukenkamp/ unten: Kleines Knabenkraut auf dem Lucienberg bei Brachwitz