Seit wenigen Tagen stehen in Halle großformatige Wahlwerbeplakate für die Landtagswahl im März 2016 als Verlautbarung der CDU mit der Botschaft: „A 143 Jetzt – Gegen die Klageflut der Blockierer“.
In diesem Kontext ist klar, dass der NABU Regionalverband Halle-Saalkreis e. V. gemeint sein muss, denn niemand sonst hat bisher eine konsequente rechtliche Überprüfung des Vorhabens angestrengt. Deshalb möchten wir zu dieser Wahlwerbebotschaft Stellung beziehen.
Ins Auge stechen zuerst einmal zwei miteinander verwobene Aspekte. Zum einen wurde bisher genau einmal erfolgreich gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt; der suggestive und sehr negativ besetzte Begriff „Klageflut“ ist daher grob falsch. Zum anderen fällt auf, dass sich die Christlich-Demokratische Union bei der Wahl dieses wie auch eines weiteren stark abwertenden Begriffes „Blockierer“ einer aggressiven Rhetorik bedient, die eher an diejenige von Wahlgruppierungen extremer politischer Richtungen erinnert.
Dabei wird verschwiegen, dass die Einflussnahmemöglichkeit von Umweltvereinigungen bei Klageverfahren allein darauf beschränkt ist, sicherzustellen, dass die bestehenden Gesetze eingehalten werden. Wer die Abschaffung dieser Möglichkeit fordert, wünscht sich die Abschaffung eines effektiven Rechtsschutzes für die dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen dienenden Normen. Wir möchten aber daran erinnern, dass sich der Staat gemäß Art. 20 a grundgesetzlich zur Verantwortung bekennt, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Recht und Gesetz durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung zu schützen.
Konkret zum Vorhaben A 143 verschweigt die Wahlwerbebotschaft, dass dieses Projekt nach derzeitigem Kenntnisstand schon deshalb kaum Entlastung von innerstädtischem Autoverkehr zu bringen imstande ist, weil der Löwenanteil dieses Verkehrs in Halle kein Durchgangsverkehr ist. Ebenfalls hierzu wird verschwiegen, dass nicht die klagenden „Blockierer“ das Projekt bisher verhindert haben, sondern das entsprechende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes wegen der offenkundig rechtswidrigen Baurechtserteilung durch die Genehmigungsbehörde. Dabei spricht es Bände, dass das Projekt trotz langjähriger Vorplanungen im Vorfeld des Gerichtsurteil und weiteren anschließenden neun Jahren Planungsaktivitäten bis heute nicht realisiert wurde. Wir werten es als Feigheit und systemimmanenten Fehlerverleugnungsmechanismus der Verantwortlichen in der Politik, dass das zwischenzeitlich als offensichtliche Fehlplanung erkennbar gewordene, inzwischen seit 25 Jahren erfolglos bestehende Projekt nicht zugunsten vorhandener Alternativen aufgegeben wird.
Und keineswegs zuletzt möchten wir noch einmal der CDU-Parole widersprechen und betonen, dass uns primär die Erhaltung des Unteren Saaletals einschließlich der benachbarten, bundesweit einzigartigen Porphyrhügellandschaft als bedeutendem und funktionstüchtigen Erholungs- und Lebensraum für die Menschen in und um Halle und als Brennpunkt und Refugium für eine außergewöhnliche biologische Vielfalt am Herzen liegt. Der Ausschluss einer derart landschafts- und naturzerstörenden Autobahntrasse ist lediglich zwingende Konsequenz für die Sicherstellung der formulierten Aufgabe.
NABU/BI Saaletal